Die Hexe von Ameland

HexeDie Hexe von Ameland
– Kinderbuch
Mathias Meyer-Langenhoff  ML0089B
ISBN 9783938175293, EWK-Verlag, Softcover, 153 Seiten, € 11,90

 

Hexe

 

Hannah und Meike verbringen die Sommerferien mit ihren Eltern und Freunden auf Ameland. Endlich ist die Schule vorbei, sie wollen morgens ausschlafen und jeden Tag an den Strand gehen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Auf der Fähre fallen Hannah und ihren Freundinnen Lara und Katja zwei sonderbare Urlauber auf, die sie in Hollum, ihrem Ferienort wiedertreffen. Die Mädchen beschließen sie zu beobachten, denn ausgerechnet am Geheimversteck der Kinder in den Dünen suchen die Männer nach einer wertvollen Galionsfigur. Aber warum gerade da? Und was hat die  Figur mit der Rixt vom Oerd zu tun, der Hexe von Ameland? Die Kinder hoffen durch einen Besuch im kleinen Museum in Buren Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Dabei machen sie eine erstaunliche Entdeckung …

 

Wir schauten uns um, ob irgendwo eine Treppe vom Sonnendeck aus weiter hinaufführte. Dabei fielen mir zwei Männer auf, die anders aussahen als die meisten hier. "Guck mal!", flüsterte ich Katja zu, der hat eine echt komische Frisur." "Wieso?" "Auf dem Kopf ganz kurz und hinten im Nacken fallen ihm die Haare fast bis auf die Schultern." "Stimmt, der sieht nicht besonders nett aus. Und diese große Narbe auf der Backe, echt unheimlich." Er war muskulös und groß, seine Arme, die er vor der Brust verschränkte, erschienen mir so dick wie Papas Beine. "Wisst ihr, woran mich der andere erinnert?", fragte Lara. "Keine Ahnung." "An eine Kugel auf zwei Beinen, der ist ja nur klein, dick und rund", kicherte sie.

Der kleine Dicke trug eine schwarze Sonnenbrille, einen hellen Anzug und einen großen Hut und redete andauernd auf den Großen ein. Bei jedem Wort wippte und zitterte der buschige schwarze Schnauzbart, der ihm unter der Nase wuchs. "Der sieht aus wie ein Walross", staunte Katja. "Was sind denn das für Typen? Los, mal hören, worüber die sich unterhalten!" Sofort steuerte Lara auf die beiden Männer zu. Den Besuch auf der Kapitänsbrücke hatte sie vergessen. Wir gingen hinter ihr her und stellten uns unauffällig zu den Männern an die Reling. Der Dicke redete immer noch wild gestikulierend auf den anderen ein. "Was glaubst du eigentlich, warum wir hier sind? Du kannst doch auf dieser Scheißinsel keinen Urlaub machen. Wir müssen diese Figur wieder auftreiben. Und wenn du nicht spurst, mein Lieber, werde ich auf der Stelle zum Handy greifen und unserem Auftraggeber sagen, dass du aussteigst!" Seine Stimme überschlug sich fast. "Mir reicht es wirklich. Ich will endlich die Kohle sehen! Noch einmal lass' ich mich nicht so abspeisen – und wenn wir die ganze Insel umgraben müssen, um das verfluchte Ding wieder zu finden." Der mit dem langen Nackenhaar nickte und antwortete mit tiefer Stimme: "Ja, ja, Walter, ist gut. Du hast recht. Wir machen es so wie du sagst. Aber jetzt lass uns noch schnell einen dieser Marzipankuchen kaufen, dafür könnte ich sterben!" "Vielleicht eher als dir lieb ist", grummelte der Dicke drohend. Dann gingen sie unter Deck zur Schiffscafeteria.

"Was war denn das? Die zwei haben doch irgendwas Merkwürdiges vor!" Lara wollte sofort hinter ihnen her. "Stopp!", sagte ich, "das geht nicht. Die merken es, wenn wir sie schon wieder belauschen!" "Du hast Recht", Katja nickte, "ich glaube, es ist besser, wir erzählen erst mal den anderen davon."

Wir wollten sie gerade suchen, da hörten wir auf Holländisch eine Durchsage: "Wir werden in wenigen Minuten Ameland erreichen, bitte begeben Sie sich in ihre Kraftfahrzeuge!" Mama und Papa kamen uns, zusammen mit den Franzens und Münstermännern, entgegen. "Wir haben euch gesucht. Ihr könnt doch nicht einfach verschwinden!"

Mama machte sich manchmal zu viele Sorgen. Schließlich konnte man auf dem Schiff nicht weglaufen und außerdem fuhren wir ja nicht das erste Mal nach Ameland. Wir gingen zu unseren Autos. "Am besten treffen wir uns nachher am Strand!", rief Katja. Ich nickte und stieg ein. Meike saß schon auf ihrem Platz. "Wo seid ihr gewesen?", fragte sie neugierig. "Das erzähle ich dir später", antwortete ich und sah sie dabei durchdringend an, damit sie mich jetzt nicht mit Fragen löcherte. Mama und Papa sollten von unserer Beobachtung nämlich nichts mitbekommen. Zu meinem Erstaunen verstand sie mich und schwieg.

Vorne öffnete sich die Bugklappe der Fähre, die Autos wurden gestartet, jeden Augenblick konnte es losgehen. Endlich kamen wir an die Reihe. Wie immer fuhren wir nach Hollum, dem größten Ort auf Ameland, im Westen der Insel. Schon die Fahrt auf der kleinen Inselstraße war unser erstes Urlaubserlebnis. Wir freuten uns auf unseren ‚Huckel' kurz vor Ballum, eine kleine Erhöhung auf der Straße. Meist saß Papa dieses letzte Stück am Steuer. "Achtung, jetzt!" Er beschleunigte, damit wir das Gefühl hatten, mit dem Auto etwas zu fliegen. "Hüüüüüüüüpp!", riefen wir im Chor, ‚hoben' ab und hatten die Erhöhung einen Augenblick später hinter uns. Dann folgte seine Standardfrage: "Seht ihr eigentlich schon den Leuchtturm?" "Da vorne, auf der linken Seite!", rief Meike. Sie hatte wie immer den Leuchtturmsuchwettbewerb gewonnen und damit das erste Eis der Sommerferien. Schließlich erreichten wir die Ortseinfahrt von Hollum und kamen an dem Backfischgeschäft vorbei. Sofort stieg mir der würzige Geruch in die Nase. Das Rettungsbootmuseum auf der anderen Seite lag still im Sonnenlicht. Wir fuhren um den Ortskern herum zu unserem Ferienhaus. An der alten Kirche stellten wir unser Auto ab und gingen zum Haus unserer Vermieter.

 

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Mathias Meyer-Langenhoff


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Mathias Meyer-Langenhoff wurde 1958 in Dingden in Westfalen an der Grenze zum Niederrhein geboren. Heute lebt er in Nordhorn, am westlichen Rand Niedersachsens und arbeitet als Lehrer für Pädagogik und Psychologie in der Erzieherausbildung. Er ist verheiratet und Vater zweier Töchter. Nach vielen gemeinsamen Amelandurlauben mit befreundeten Familien entstand sein erstes Buch: Die Hexe von Ameland.

Von Mathias MeyerLangenhoff