Du bist mir zu alt

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maisbergDu bist mir zu alt
– Verletzt – Gedemütigt – Weggeworfen
Karen Maisberg
ISBN 9783837026771, BoD, Paperback, 188 Seiten, € 16,80

maisbergSeine Worte habe ich noch heute im Ohr.
Niemals zuvor habe ich mich so hilflos und verzweifelt gefühlt. Du bist mir zu alt, sagte er und verschwand. Einfach so, als hätte es die Zeit mit mir niemals gegeben. Dachte er, dass er von Tag zu Tag jünger wird? Er wusste doch, dass ich um Jahre älter bin und hatte sich dennoch auf mich eingelassen. Und auf einmal sollte alles
vorbei sein? Waren seine Liebesschwüre nur Lügen?
Ich konnte und wollte mich nicht damit abfinden und ich begann um ihn zu kämpfen.

 

 

Laura, wach auf! Es gibt keine Zeit zum Träumen mehr in deinem Alter, du musst wieder zu dir kommen und die Dinge sehen wie sie sind, oder du wirst daran zerbrechen.

Der Verstand sagte Laura, das Mariella recht hatte mit dem was sie zu ihr sagte, aber sie konnte sich ihre Liebe zu Stefano doch nicht so einfach aus dem Herzen reißen. Es gab keinen Trost für Laura und so blieb sie gefangen in ihrer Welt voller Liebe und Schmerz. Mariella sah, dass sie im Moment nichts für Laura tun konnte und machte sich wieder auf den Heimweg. Beim Hinausgehen drehte sie sich noch einmal zu Laura um und sagte, wenn du mich brauchst, bin ich für dich da. Du kannst jederzeit zu mir kommen; denn sie wusste, dass der Tag kommen würde.

Dann ging sie ihres Weges.

Laura war unfähig auch nur einen vernünftigen Gedanken zu fassen; egal was sie machte, alles drehte sich nur um Stefano und manchmal hatte sie das Gefühl verrückt zu werden.

Es darf nicht sein, es darf nicht sein dachte sie unaufhörlich, er kann nicht mit mir gespielt haben. So kann sich doch kein Mensch verstellen, oder bilde ich mir alles nur ein. Nein, ich spüre doch noch heute seine Umarmungen, seine Lippen auf den Meinen und höre seine Worte.

Laura stand auf und machte sich einen Kaffee. Sie hoffte, dass er ihren Kopf wieder etwas klarer machte. Sie zündete sich eine Zigarette an und sog den Rauch tief in sich hinein. Eigentlich rauchte sie sehr selten, aber heute spürte sie, dass es ihr gut tat. Manchmal hatte sie gemeinsam mit Stefano geraucht und gerade in diesem Moment brauchte sie das gemeinsame Ritual, auch wenn sie es heute alleine zelebrieren musste. Sie klammerte sich an das Gewohnte und merkte, dass es ihr damit besser ging und so sollte es für lange Zeit bleiben; jedenfalls bis Stefano zurück war. Die Tage vergingen trotzt der vielen Arbeit langsam und Laura sehnte den Tag seiner Rückkehr herbei. Gleichzeitig hoffte sie jedes Mal wenn das Postboot kam auf ein Zeichen von ihm. Aber sie wartete vergebens und so lebte sie täglich mit ihrem gewohnten Ritual des Kaffee trinken und der Zigarette.

Sie merkte nicht, dass sie immer mehr in sich selber versank und die Umwelt kaum noch an sich heran ließ.

Zu den Männern in der Taverne war sie nach wie vor aufmerksam und freundlich und niemand konnte ihr verändertes Wesen wahrnehmen. Nur sie selber wusste, wie es um sie bestellt war. Drei Wochen wollte Stefano wegbleiben und die waren bereits herum. Ihr wurde ganz bange ums Herz bei dem Gedanken, dass er vielleicht nie mehr zurückkommen würde.

Bis dann endlich am dreiundzwanzigsten Juli die Tür der Taverne auf ging und Stefano herein kam. Er strahlte sie an als ob nichts gewesen wäre und er ihr niemals mit seinen Worten weh getan hätte. Stefano ging zu Laura in die Küche und als sie sich in die Augen sahen, brach ihr Verlangen füreinander aus ihnen heraus und sie lagen sich in den Armen. Leidenschaftlicher als zuvor küssten sie sich und ihre Hände glitten fordernd über ihre Körper. Sie streichelte ihn und bemerkte seine zunehmende Erregung. Er liebt mich doch, dachte sie und war wunschlos glücklich in seinen Armen. Sie konnten nicht genug voneinander bekommen und sein leises Stöhnen verriet ihr seine Gefühle.

Jetzt wird alles gut; er ist zurückgekommen.

Auf einmal ließ er von Laura ab und sagte, ich habe meine Meinung nicht geändert, ich will dich nicht; ich will nur eine jüngere Frau.

Laura war wie versteinert. Sie konnte nicht glauben was sie gehört hatte. Warum nimmt er sie dann in seine Arme? Eine Welt brach für sie zusammen und doch schlug ihr Herz immer noch voller Liebe für ihn als sie ihn anblickte. Eigentlich müsste sie ihn dafür hassen, aber dieses Gefühl kam nicht. Vielleicht, weil sie ihn irgendwie verstehen konnte? Es entspricht hier auf den Inseln der Normalität, dass ein Mann ruhig einige Jahre älter sein kann als die Frau, aber umgekehrt? Vielleicht fünf Jahre, das wäre auch hier denkbar, aber fasst fünfundzwanzig Jahre. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie schon einmal davon gehört hatte, dass es so etwas gegeben hatte. Gemeinsam setzten sie sich an den Küchentisch und tranken einen Kaffee. Stefano erzählte ihr von daheim und wie er die Wochen verbracht hatte. Für ihn war die Zeit nicht lang geworden, da er seit fasst zwei Jahren alle Freunde und Bekannte einmal wieder getroffen hatte.

Seine Familie hatte ein großes Fest für ihn veranstaltet und alle waren gekommen um mit zu feiern. Es wurde bis in die Morgenstunden gefeiert mit viel Musik und Tanz. Laura hörte ihm aufmerksam zu und sah wie glücklich er war. Seine Familie fehlt ihm, dachte sie und vielleicht hatte er sich ihr deshalb genähert um Wärme und Geborgenheit zu finden. Natürlich sehnt ein Mann sich auch nach der Liebe einer Frau und deshalb war das Ganze mit ihr vielleicht außer Kontrolle geraten. Sie war ihm seit zwei Jahren vertraut und sie verstanden sich gut; er konnte bei ihr alles finden was er suchte. Solange er bei ihr war und sie umarmte war das auch in Ordnung, nur sobald er sich umdrehte war da wieder die andere Welt und in der passten sie beide nicht zusammen; jedenfalls nicht, solange Stefano nicht über seinen Schatten springen konnte und ihm die Verhaltensregeln der Gesellschaft mehr bedeuteten als seine Gefühle zu ihr.

Aber wer sagte ihr, dass es nur der Altersunterschied und die Vorstellungen der Gesellschaft waren, die ihn so handeln ließen?

Obwohl er es betont hatte, dass er kein Spiel mit ihr spielte, war es für ihn vielleicht doch eines?

Hatte er sie für seine Selbstbestätigung und seine Eitelkeit benutzt? Er ist ja schon der Typ, der mit allen gut auskommen möchte und einer Konfrontation eher aus dem Wege gehen würde, als sich ihr zu stellen. Wie konnte sie da sicher sein? Sie selbst hätte ihm das niemals an getan; ihm nicht und keinem anderen Menschen.

Das Schlimmste ist, dass Stefano es ihr nicht erklärte, warum er so handelte.

maisbergKaren Maisberg

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Karen Maisberg wurde 1971 auf einer kleinen Nordseeinsel geboren, wo sie gemeinsam mit ihren beiden Brüdern, eine glückliche Kindheit verlebte. Später studierte sie Germanistik in Hamburg. Nach dem Studium zog es sie in die Ferne und sie bereiste Länder und Kontinente. Auf ihren Reisen lernte sie auch die drei Frauen kennen, über deren Schicksal sie mit bewegenden Worten in ihrem Buch schreibt. Gerade weil ihr Leben bisher ohne sonderliche Tiefen verlief, hatte das Gehörte einen tiefen Eindruck in ihr hinterlassen. Liebe zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann, ist das überhaupt auf Dauer möglich? Viele Fragen und Gedanken die sie beschäftigten und auf die es für sie bisher keine Antwort gab. Aber diese Thematik ließ sie nicht mehr los und so entstand ihr Buch mit dem Titel -Du bist mir zu alt-. Dem Leser wird eine Welt aufgetan, mit der er vielleicht niemals in Berührung kommen wird und dennoch gehört sie zur heutigen Realität.

Von Karen Maisberg